"El Pibe Delgado" - 4,5" f4,1 - String-Newton
Dieses Teleskop habe ich primär als Sucher für meinen 14" Stringdobson vorgesehen. Es eignet sich mit einem Gesichtsfeld von weit über 3 Grad aber auch hervorragend als Richfield-Gerät zur Beobachtung großer Strukturen und zum abgrasen der Milchstraße bei schwachen Vergrößerungen. Das Design entspricht dem 14"er und wurde lediglich runterskaliert. Da der 14"er ein fluggepäcktaugliches Leichtgewicht wird, durfte natürlich auch der Sucher nicht allzu schwer werden. Dazu habe ich auf einen Okularauszug verzichtet und dafür lediglich eine Klemmhülse vorgesehen. Die bewährte Stangen-Seil-Kombination meines 10" Dobson habe ich übernommen und konnte damit wieder maximale Justierstabilität erreichen.
Technische Daten
Hauptspiegeldurchmesser: | 110mm |
Brennweite: | 450mm (f/4,1) |
Fangspiegeldurchmesser: | 31mm |
max. Gesichtsfeld | ca. 3,5° |
Gewicht des Hauptspiegels: | 380g |
Gesamtgewicht: | 800g |
Beschreibung der Einzelkomponenten
Das Oberteil
Das Oberteil besteht aus zwei Multiplex-Ringen, je 6mm stark und 9mm breit. Außen wurden die Ringe mit 1mm Flugzeugsperrholz beplankt. Die T-förmige Carbon-Spinne sitzt hinter dem Fangspiegel und ist mit Epoxydharz-Kleber an Verstärkungsleisten im Oberteil geklebt. Statt eines herkömmlichen Okularauszugs habe ich eine einfache Klemmhülse mit Nylonschraube verbaut. Fokusiert wird, indem das Okular vor oder zurückgeschoben wird. Da meine Okulare homofokal sind, und das Teleskop nur bei schwachen Vergrößerungen genutzt wird (Sucher), ist dies völlig ausreichend.
Drei Druckstangen - sechs Zugseile
Hier verwende ich das gleiche Prinzip wie beim 10" Dobson. Die Carbonstangen haben einen Durchmesser von 6mm und stehen auf starken Federn aus dem Baumarkt. Aufgrund des kleinen Hebels und der geringen Gewichte reicht das völlig aus, um das Oberteil in Position zu halten. Justiert werden die Seile mittels Innensechskantschrauben, die von unten durch die Spiegelbox geschraubt sind. Die Seile werden einfach mit Muttern eingeklemmt.
Spiegelbox und Hauptspiegelzelle
Die Spiegelbox besteht, wie das Oberteil, aus zwei Multiplexringen, mit Flugzeugsperrholz beplankt. Der obere Ring ist 12mm stark und 20mm breit. Er trägt die Spiegelzelle und die Justierschrauben der Seile. Die zusätzlichen Schrauben, 60° zur Spiegelzellenbefestigung versetzt, dienen zusammen mit starken Druckfedern der Befestigung und Justierung als Sucher am 14"er. Die Hauptspiegelzelle besteht aus verklebten 10mm Alu-Vierkant-Rohren. Der Spiegel selbst ist mit doppelseitigem Spiegelklebeband an drei Punkten auf die Zelle geklebt. Bei kleinen Spiegeln ist das unkritisch und spart die laterale Lagerung und die Rausfallsicherung. Justiert wird der Hauptspiegel über drei in selbstsichernden Muttern sitzenden M5-Schrauben von oben.
Montierung
Ich habe absichtlich keinen Tischdobson gebaut. Diese sehen zwar gut aus, sind aber aus meiner Sicht wenig praxistauglich. Wenn das Teleskop als Richfield-Gerät Verwendung findet, montiere ich es mit einem Videoneiger auf mein großes Carbon-Stativ. Damit ergibt sich eine gute Stabilität bei gleichzeitig sehr geringem Gewicht. Der Neiger ist flüssigkeitsgedämpft und verhindert ein versehentliches Umschlagen des Teleskops außerhalb der Schwerpunktlage. Diese Kombination funktioniert auch ohne Feinverstellung hervorragend für Vergrößerungen bis 100x.
Justierung
Das Prinzip der Druckstangen und Zugseile bedingt eine etwas unkonventionelle Justierung des Teleskops, bietet aber auch einige entscheidende Vorteile. Die wesentlichen Merkmale dieses Konzepts sind:
- der Fangspiegel wird fest eingebaut und trägt entscheidend zur Justierstabilität bei
- der Fangspiegel muss mangels Justiermöglichkeit möglichst genau zum Okularauszug ausgerichtet eingebaut werden
- die Justiermechanik befindet sich an der unteren Seilbefestigung - hier hat man mehr Platz und bei Dobsons ist das Gewicht an der richtigen Stelle
- die Seiljustierung muss gegen selbstständiges Lösen gesichert sein
- keine Biegemomente am Oberteil, da eine Stange und das dazugehörige Seilpaar an einem Punkt angreifen, das Oberteil kann damit leichter gebaut werden
- schelles Auf- und Abbauen, da die Seile beim Transport nicht entfernt werden
Zur Justierung eines so aufgebauten String-Teleskops werden zuerst die Einzelseile jedes Seilpaares mit Hilfe der Justierschrauben auf etwa gleiche Länge gebracht. Ein Seilpaar bezeichnet diejenigen Seile, die am Oberteil zusammentreffen. Sind die Seile eines Paares unterschiedlich lang, wird dadurch das Oberteil verdreht. Das ist zwar unproblematisch, da die Verdrehung entlang der optischen Achse erfolgt, es erschwert aber die Justierung. Dann wird das Oberteil per Dreipunktjustierung zur Hauptspiegelmitte ausgerichtet, wobei jedes Seilpaar einen Justierpunkt darstellt. Dazu werden beide Schrauben eines Paares um den gleichen Betrag in die gleiche Richtung gedreht. Auf diese Weise bewegt man das Oberteil auf einer gedachten Kugeloberfläche gegenüber der Spiegelbox, ohne die beiden gegeneinander zu verdrehen.
Sobald die Achse Okularauszug-Fangspiegel die Hauptspiegelmitte trifft, erfolgt die Hauptspiegeljustierung klassisch über die drei Schrauben der Spiegelzelle. Sollte nach der Justierung das Oberteil nicht mehr senkrecht über der Spiegelbox stehen, ist das kein Problem. In diesem Fall ist lediglich die (justierte!) optische Achse des Teleskops gegenüber den mechanischen Komponenten leicht gekippt. Das passiert, wenn Okularauszug und Fangspiegel nicht genau rechtwinklig im Oberteil eingebaut sind.
Wenn die Justierschrauben der Seile ausreichend gesichert sind (Stopp- oder Kontermutter) ist die Justierstabilität der gesamten Optik nur noch von der Stabilität der Hauptspiegelzelle abhängig.
Fazit
In einem Sucher mit 110mm Öffnung und 3,5° Gesichtsfeld sieht man viele Deep-Sky-Objekte schon direkt. Zusammen mit einem Leuchtpunktsucher ist das die ideale Kombination für große Dobson-Teleskope. 14 Zoll zähle ich zwar noch nicht zu den Großen, ich mag aber keine klassischen Sucher und nur ein Leuchtpunkt wäre sicher auch zu wenig. Außerdem kann ich den Kleinen als ultraleichtes Reiseinstrument mitnehmen, wenn mal kein Platz für das große Astrogepäck ist. Zusammen mit meinem Carbon-Stativ, dem Video-Neiger, Okularen und sonstigem Zubehör liege ich immer noch unter 4kg. Das Design mit runder Spiegelbox gefällt mir wirklich gut und dieser Newton im Kleinformat lässt mich die Fertigstellung meines 14"er's kaum erwarten.